Finsti - Das Finster Maskottchen

Buddeln als Lebenszweck
Maulwürfe sind nützliche Tiere - wenn da nur diese Haufen nicht wären...

Wenn sich im Frühjahr kleine Erdhügel auf Rasen oder Wiese türmen, ist ein unter Gärtnern und Landwirten nicht sehr beliebte Buddler am Werk. Doch wie bereits Gärtner Knoll in Wilhelm Busch erkennen musste, ist es gar nicht so einfach, dem kleinen, durchaus hübschen und zudem recht cleveren, nützlichen Erdbewohner zu Leibe zu rücken. Und das ist auch gut so.

Obwohl der Maulwurf ausdrücklich per Gesetz geschützt ist, es also verboten ist, ihn auch nur zu stören, geschweige denn zu töten, wird ihm häufig übel nachgestellt. Unbeliebt macht sich der Maulwurf einzig und allein durch seine auffällige Bautätigkeit. Die kleinen Hügel entstehen aus dem Aushubmaterial der Gänge, Schlaf-, Nest- und Vorratskammern, die der Maulwurf im Untergrund gräbt. Mit dem Kopf beziehungsweise dem Rüssel schiebt er überschüssiges Erdmaterial nach oben, wirft den "Bauschutt" schließlich vor seine eigene Haustür und wird so seinem Namen gerecht. Dieser stammt nämlich von dem alten Begriff "Molte", was mit der Schnauze nichts zu tun hat, sondern einfach "Erde" bedeutet. Der Maulwurf könnte also auch "Erdwerfer" heißen.

Pagodengarten - definitiv ohne Maulwürfe.
Prinzipiell kann man sich über Maulwürfe freuen, denn ihre Anwesenheit zeigt, dass der Boden gesund ist und es zahlreiche Kleinlebewesen im Boden gibt, die Nahrungsgrundlage der Maulwürfe sind. Der Maulwurf lebt von tierischer Nahrung wie Regenwürmer und Raupen. Da er sehr gerne Schädlinge wie Schnecken, Engerlinge, Schnakenlarven frisst, ist er ein ausgesprochener Nützling im Garten.

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Der Große Maulwurf
von Jörg Borgerding

Der kleine Maulwurf steckte seine Nase in den Wind und sog die frische Frühlingsluft tief ein. Gerade hatte er seine erste Winterruhe beendet. Während die anderen Familienmitglieder sich mit dem Wachwerden und Aufstehen viel Zeit ließen, konnte er es nicht abwarten. Er wollte seinem Vater zeigen, dass er im vergangen Jahr gut aufgepasst hatte! Sein Vater sollte stolz auf seinen Sohn sein, und auf den wunderbaren Maulwurfshügel, der so gebaut war, wie sein Vater es ihn gelehrt hatte. Aus der Kuppel dieses wunderschönen Bauwerks blinzelte der kleine Maulwurf in die Frühlingssonne.

Um den Maulwurfshaufen herum erstreckte sich ein wunderschönes Grasland. Kleine Bäume wuchsen dort, Büsche und viele wilde Blumen, in deren Blüten erste Bienen nach Honig suchten. Grillen grüßten zirpend die Sonne. Kaninchen knabberten an zarten Löwenzahnblättern. Eichhörnchen tollten über die Wiese, jagten sich einander auf Bäume. Eichelhäher schimpften, weil sie sich dadurch gestört fühlten.

Da war ein Lachen und Brummen und Surren und Singen, dass es dem kleinen Maulwurf eine Lust war, wieder auf der Welt zu sein.

"Ausgeschlafen, mein Sohn?", tönte es aus dem Gang, der vom Hauptnest zu dem Hügel führte, den der kleine Maulwurf geschaffen hatte. Sein Vater war aufgestanden. Schmatzend kroch auch er aus dem Erdreich hervor und legte die rechte Schaufel um die Schulter seines Sohnes. Den Schwanz eines unvorsichtigen Regenwurmes noch zwischen den Lippen, sprach der Vater:
"Da ist es ja endlich wieder, unser Heimatland! Lang war der Winter und kühl wars im Bau. Schön, dass es wieder Sommer wird! Jetzt werden wir erst mal ordentlich futtern. Und dann gehen wir daran, alle Gänge zu kontrollieren, zu reparieren und neue zu graben!"

Monate später, an einem warmen Septembernachmittag, saßen der kleine Maulwurf und sein Vater auf einem ihrer zahlreichen Hügel und freuten sich wieder einmal über ihre schöne Heimat. "Es ist ein richtiges Paradies!", sagte der kleine Maulwurf versonnen.

"Das ist es, mein Sohn, das ist es!", entgegnete der Vater, beschrieb mit der Zeigekralle seiner gewaltigen, rechten Schaufel einen großen Bogen und sagte: "Und das alles wird eines Tages dir gehören, so wie es jetzt mir und zuvor deinen Groß- und Urgroßvätern gehörte!"

"Wo sind die jetzt?", fragte der kleine Maulwurf, und weiter, ängstlich: "Und was wird geschehen, bevor dies alles mir gehört?"

Der Vater, dem die Angst seines Sohnes nicht entging, nahm seinen Sprössling liebevoll in den Arm und sprach: "Hab keine Angst, Söhnchen. Deine Großeltern sind beim Großen Maulwurf! Es geht ihnen dort gut! Und eines Tages wird der Große Maulwurf kommen und deine Mutter und auch mich in seinen Bau holen! Irgendwann kommt im Leben eines jeden Maulwurfes der Tag, an dem er dem Großen Maulwurf begegnet. Das geschieht, wenn wir Maulwürfe alt sind und uns nicht mehr selbst ernähren können. Dann weist uns der Große Maulwurf mit seinem silbernen Zepter den Weg in seinen prächtigen Bau! Da ist es sonnig, hell, trocken und immer warm! Es gibt Würmer, Maden, Schnecken und Engerlinge in Hülle und Fülle! Es gibt keine Winter mehr, es ist allezeit Sommer! Dafür sorgt der Große Maulwurf! Er ist ein guter Maulwurf! Wenn er dir eines Tages begegnet, Söhnchen, fürchte dich nicht! Freu dich auf ihn!"

Die Sommer und Winter kamen und gingen. Eines Tages fand der kleine Maulwurf, der nun selbst eine Frau und Kinder hatte und somit kein kleiner Maulwurf mehr war, seine Mutter leblos im Gang liegen. Schnell holte er seinen Vater, dessen schwarzes Fell mittlerweile den Glanz verloren hatte.
"Wie schön für sie!", rief Vater Maulwurf. "Der Große Maulwurf hat sie zu sich genommen! Ihren alten Leib hat sie hier gelassen, sie braucht ihn nicht mehr! Sie bekommt vom Großen Maulwurf einen kräftigen, neuen Körper! Es geht ihr gut, da wo sie jetzt ist!"

Die Träne, die dabei an Vaters Schnauze hinab rollte, entging dem Sohne nicht.

Im folgenden Winter nahm der Große Maulwurf auch den Vater zu sich. Ein wenig traurig war sein Sohn schon, als sein Vater nicht mehr aus der Winterruhe erwachte. "Er hat es gut, dort, wo er jetzt ist. Der Große Maulwurf sorgt für ihn", tröstete er sich.

Erstaunt sah sich der Maulwurf um. Er war soeben wieder aus einem monatelangen Winterschlaf, den er nur gelegentlich unterbrochen hatte um ein wenig von seinen Futtervorräten zu naschen, erwacht und saß auf einem frisch geworfenen Hügel. Er war noch ein wenig müde, dennoch entging es ihm nicht, dass sich etwas geändert hatte.

Seinem Paradies war etwas widerfahren. Die schöne, bunte Wiese war nicht mehr bunt. Sie war langweilig grün. Kein Blümchen mehr, auf dessen Blüte eine Biene oder ein Schmetterling saß. Kein Löwenzahn, an dem Kaninchen knabberten. Kein Busch, kein Baum mehr, in dem Vögel zwitscherten. Stille. Totenstille.

Und da, wo einmal die drei großen, weißen Birken gestanden hatten: etwas ganz und gar Merkwürdiges! Eine Art Maulwurfshaufen, aber gewaltig groß, und nicht rund, sondern eckig gebaut! Und nicht erdfarben, sondern weiß, mit einem roten Dach! Aber was das Erstaunlichste war: eckige Löcher in den Wänden, durch die man in das Innere des großen Maulwurfhaufens hineinsehen konnte.

So fasziniert war der kleine Maulwurf von dem, was er sah, dass er den Schatten nicht bemerkte, der sich ihm näherte. Erst, als die Spitze des Schattens auf ihn und seinen Maulwurfshügel fiel, wendete er den Blick ab von dem Bestaunten und hin zu dem, was sich zwischen ihn und die Sonne geschoben hatte. Sein Herz setzte einen Schlag aus.

Da war ein Maulwurf, ein riesiger Maulwurf, wohl hundertmal größer als er selbst! Und der stand aufrecht auf seinen Hinterbeinen, deren untere Enden gelb waren Und der hatte kein schwarzes Fell, sondern ein grünes! Und sein Kopf war fast kahl. Auch war die Kopfform anders als bei allen anderen Maulwürfen, mit einer winzigen Nase und merkwürdigen Lappen an den Kopfseiten. Erstaunt sah der kleine Maulwurf auf die Schaufeln des gigantischen Maulwurfes, der vor ihm stand. Sie waren winzig im Verhältnis zum Körper. Aber in der einen Schaufel hielt der Riesenmaulwurf einen langen Stock, und an dessen Ende bemerkte der kleine Maulwurf eine riesige, silbern glänzende Schaufel.

Jetzt wurde es dem kleinen Maulwurf klar, wer da vor ihm stand: Der Große Maulwurf, mit seinem silbernen Zepter! Er war gekommen, ihn in seinen wunderschönen Bau zu holen! Der kleine Maulwurf erinnerte sich der Worte seines Vaters und fürchtete sich nicht. Mit Herzklopfen sah er den Großen Maulwurf das Zepter heben. "Er zeigt mir den Weg ins Maulwurfparadies!", dachte der kleine Maulwurf noch. Und freute sich.